
Wetterempfindlichkeit
Der Begriff der
Wetterfühligkeit findet sich im Lexikon. Laut Meyers Großem
Taschenlexikon versteht man unter Wetterfühligkeit die "Beeinflussbarkeit
von Allgemeinbefinden, Stimmung und Leistungsfähigkeit durch Witterungserscheinungen, z. B.
Föhn. Wetterfühligkeit tritt bei etwa 30
Prozent der mitteleuropäischen Bevölkerung auf. Besonders betroffen sind
Menschen mit Kreislaufstörungen.
Von der Wetterfühligkeit zu unterscheiden ist die Wetterempfindlichkeit, die
sich durch Verschlimmerung bestehender
Krankheiten, örtlicher Beschwerden
und Schmerzen äußert." Gemäß gesetzlicher Auslegung gehört die
Wetterfühligkeit ausdrücklich nicht zu den krankhaften Beschwerden, genauso
wenig wie Ermüdungserscheinungen, Hunger- und Durstgefühle, See- und
Luftkrankheit oder Schwangerschaftsbeschwerden.
Laut Wissenschaft ist die Wetterfühligkeit keine
Krankheit als solche. Die
Medizin-Meteorologen sind der Meinung, dass es sich bei der Wetterfühligkeit
um einen uralten Schutzreflex handelt, der bei bevorstehendem Wetterwechsel
Mensch und Tier vorwarnte. Dafür spricht, dass Menschen auch heute noch eine
ständige Stimulation wechselnder Wetterreize im Sinne eines peristatischen
Trainings für ihr Wohlbefinden benötigen. Auch in unserer zivilisierten Welt
passt sich unser Körper Witterungsverhältnissen an. Augenscheinlich wird
dies bei Kälte durch Zittern, bei Hitze durch Schwitzen.
Wer sich regelmäßig Wetterreizen aussetzt, sprich an die frische Luft geht,
trainiert sein Regelsystem und wird unempfindlicher gegen meteorologische
Reize. Die Medizin-Meteorologie unterscheidet drei verschiedene Arten des
Wechselspiels zwischen
Wetter und Mensch:
Die physiologische Antwort auf atmosphärische Umweltreize wird als
Wetterreaktion bezeichnet. Zur Erhaltung der Kerntemperatur ist der
Organismus ununterbrochen gezwungen, Wärmebildung, Wärmeaufnahme und -abgabe
zu regulieren. Diese Körper-Reaktion nehmen wir nur wahr, wenn wir stark
schwitzen oder frieren. Unter weniger ausgeprägten Bedingungen reguliert er
autonom über den Kreislauf und Stoffwechsel. Der Gesunde fühlt von diesem
automatischen Einregeln nichts. Hin und wieder werden manche Stimmungs- und
Befindensschwankungen ohne wesentlichen Leidensdruck oder Krankheitswert,
für die sich sonst keine Erklärungen anbieten, der Wetterreaktion
zugeschrieben.
Wetterfühlig ist ein Mensch mit erhöhter Ansprechbarkeit bzw. erniedrigter
Reizschwelle seines vegetativen Nervensystems. Er nimmt also seine
Körperreaktion auf
Wetter und Klima verstärkt subjektiv wahr. Je nach Ausmaß
dieser überschießenden Reaktion kann es zu Müdigkeit, Kopfdruck und
Konzentrationsstörungen kommen.
Wetterfühligkeit ist - bildhaft gesprochen - ein Leben in Überlastung am
Rande eines Fasses mit kleinem Fassungsvermögen vor dem Überlaufen. Durch
Training und Lebensführung lässt sich diese Überempfindlichkeit wieder zu
einer ausgeglichenen Wetterregulation zurückführen: Ins Fass passt wieder
mehr hinein.
Wetterempfindlich kann man im Laufe seines Lebens durch entsprechende
Krankheiten und/oder Verletzungen werden. Häufigste Vertreter der
sind Kopf-, Narben- und Amputationsschmerzen
("Phantomschmerzen") sowie Müdigkeit und schwere Merkstörungen nach
Frakturen.
Wetterbedingte Beschwerden mögen Symptomen normaler Krankheiten ähneln - in
einer Hinsicht unterscheiden sie sich aber klar von ihnen: Auch mit
gründlichen Untersuchungen kann der Arzt keine krankhaften Veränderungen an
den betreffenden Organen nachweisen. Die Wetterleiden müssen demnach als
Symptom eines geschwächten Organismus betrachtet werden, der nicht in der
Lage ist, die atmosphärischen Veränderungen zu kompensieren. Also,
Wetterfühligkeit ist grundsätzlich keine Krankheit, doch hat die
Wetterempfindlichkeit durchaus Krankheitswert.